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  • Wie alles begann – Till im Kindergarten

    Schon im Kindergarten wurde deutlich, dass Till nicht in das starre Raster unseres Schulsystems passt. Von Anfang an wurde von ihm verlangt, sich schnell zu entscheiden, wo und mit was er spielen möchte. Aufgrund seiner neurologischen Veranlagung (PDA, Pathological Demand Avoidance) fiel ihm dies jedoch sehr schwer. Wenn er sich dann endlich entschieden hatte, war der gewünschte Spielplatz oft schon von anderen Kindern belegt, und Till durfte nicht mehr dort spielen. Dieser Kreislauf wiederholte sich so häufig, dass sich in ihm Frust und Resignation aufbauten. Immer öfter zog er sich deshalb zurück und ging nach Hause.

    Da unser Haus direkt gegenüber des Kindergartens liegt, konnte ich vieles selbst beobachten. Ich sah, wie die Kindergärtnerinnen während der Pause miteinander sprachen. Verständlich, schließlich hatten auch sie ihre Pause verdient. Danach riefen sie einfach alle Kinder rein.
    Till jedoch konnte sich nicht so schnell lösen. Er blieb wie gelähmt draußen stehen. Gefangen in der Reizüberflutung, den Übergangssituationen und seiner eigenen inneren Welt, schaffte er es nicht rechtzeitig zurück. Seine Verspätungen führten zu Beschwerden an mich, obwohl ich zu dieser Zeit berufstätig war und mich stets um Lösungen bemühte.

    Die Verweisung aus dem Kindergarten wurde damit begründet, dass Till im Unterricht nicht so mitmachte wie die anderen Kinder und aus Frust mehrfach den Kindergarten verließ. Die Schule sah sich nicht in der Lage, sein Wegbleiben zu verantworten. Dabei wurden die Abläufe und Regeln nicht flexibel genug angepasst, um Till mehr Zeit zu geben, sich einen neuen Spielplatz auszusuchen oder etwa zuerst auswählen zu dürfen, bevor andere Kinder sich einen Platz sichern. Diese fehlende Flexibilität erschwerte seine Situation zusätzlich.

    Von der Schule erhielten wir keine Hinweise darauf, dass es eine neurologische Veranlagung namens PDA gibt. Stattdessen wurde ihm einfach eine ADHS-Diagnose zugeschrieben. Die Verantwortung wurde vor allem den Eltern zugeschoben, insbesondere seiner Mutter, die selbst mit psychischen Herausforderungen kämpft.

    In dieser Zeit mussten wir mit Till auch zum schulpsychologischen Dienst. Dort sollte er mit sechs Jahren einen ADHS-Test absolvieren. Till verweigerte den Test jedoch, was typisch für sein PDA ist. Diese Verweigerung wurde als Ungehorsam ausgelegt und verschärfte die Situation. Die zuständige Stelle betonte, ohne Test liege keine Diagnose vor. Niemand kam auf den Gedanken, dass genau das PDA-bedingte Verhalten die Testverweigerung verursacht hatte.

    Nach einiger Zeit wurde Till in einen anderen Kindergarten mit einer anderen Kindergärtnerin versetzt. Doch auch dort fand keine Besserung statt. Eine Integrationsperson, die ihn individuell betreut hätte, wurde nicht gestellt. Das Budget sei zu knapp, hieß es.

    Mir wurde damals zugetragen, dass die Schule Schwerzenbach im Kanton Zürich bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen wenig Geduld zeigt und solche Fälle schnell abschiebt. Diese Haltung wurde besonders deutlich, als Till vollständig aus dem Kindergarten genommen wurde. Stattdessen wurde ihm eine pensionierte Betreuungsperson zugewiesen, die ihn beschäftigen sollte.

    Schon ganz am Anfang seines Bildungsweges fiel Till durch das Raster.